von Dr. S
„Black? Black! Hier treibst du dich also rum…“
Leise grummelnd hob Sirius den Kopf vom Tisch und blinzelte schnell hintereinander, um sein verschwommenes Blickfeld wieder aufzuklären. „Lily? Merlins Bart, schrei doch nicht so…“ Schmatzend wandte er sich von den ihn blendenden grünen Augen ab und zuckte zusammen, als ihm ein Pergament direkt vor die Nase geklatscht wurde. „Musst du so laut sein? Und das am frühen Morgen?“
„Ich brauch mal deine Hilfe, Sirius.“ Seine Schultasche einfach unter den Tisch kickend setzte Lily sich neben ihn und rutschte Bein an Bein, was Sirius ein Stück näher zu James rutschen ließ. „Kennst du das?“ Sie deutete auf das Pergament und Sirius senkte den Blick.
„Wieso fragst du?“, murmelte er, als er die Abbildung des Kästchens näher betrachtete. James‘ Pfote bahnte sich ganz dreist den Weg durch sein Blickfeld und wollte das Pergament greifen, aber Lily zog es schnell außer Reichweite.
„Das ist unfair, Evans. Sirius wird es mir eh sagen“, beschwerte James sich leider direkt in Sirius‘ Ohr, worauf der die Augen zusammenkniff.
„Ich hab aber Sirius gefragt. Akzeptier das, Potter!“, dröhnte es von der anderen Seite in sein Ohr und Sirius stöhnte genervt auf.
„Und wieso? Sieht aus wie ein… Schmuckkästchen. Ich trag keinen Schmuck“, grummelte Sirius, bekam James‘ Pfote jetzt aufs Handgelenk und verdrehte die Augen, als der auf den fetten Hausring an Sirius‘ Finger deutete. „Das ist… Patriotismus, kein Schmuck“, sagte Sirius und streckte James die Zunge raus, als der ihn angrinste.
„Das meinte ich auch nicht“, versuchte Lily Sirius‘ Aufmerksamkeit wieder zu bekommen, die um so frühe Morgenstunden aber sehr gering war. „In den Osterferien war ich in der Winkelgasse, weil Professor Regulus Moonshine da einen Vortrag über Felix Felicis gehalten hat und –“
„Mein Bruder hat Vorgänge mit Felix?“ Sirius schaute über die Schulter, kam aber nicht dazu sich umzuschauen, als Lilys Hand über seinen Hinterkopf wischte. „Oi, ich schlaf noch. Kannst du damit nicht James nerven?“
Lily ignorierte ihn einfach. „Jedenfalls ratet mal, wen ich beim Shoppen in der Nokturngasse gesehen habe?“
„Was treibst du in der Nokturngasse, Evans?“, fragte James skeptisch. „Das ist kein Territorium für Muggelstämmige.“
Lily verdrehte die Augen, während Sirius vor sich hinnickte. „Lucius Malfoy!“
„Wie überraschend“, murmelte Sirius. „Hätte mich eher gewundert, wenn du Remus gesagt hättest.“
„Bitte was?“ Remus schaute von Peters Hausaufgaben auf und blinzelte verwirrt, bis Sirius abwinkte.
„Lily hat schon wieder so ein Ding mit Malfoy“, sagte er und gähnte. „Wie jedes Jahr…“ Sein Gähnen war noch am Ravenclaw-Tisch zu hören. „Wahrscheinlich hat er es für Narcissa gekauft.“
„Bei Borgin & Burke’s?“ Lily hob die Augenbrauen und schüttelte vehement den Kopf. „Das ist was Schwarzmagisches, bestimmt.“
„Ja, wahrscheinlich frisst es die Finger von Leuten, die Black’schen Patriotismus klauen wollen“, gluckste James, stupste den prusteten Sirius an und ignorierte Lilys bösen Blick.
„Oh, ihr seid ja so amüsant wiedermal.“ Beleidigt verschränkte sie die Arme vor der Brust und ließ Sirius so resignierend aufseufzen.
„Ich könnte auch leicht beleidigt sein, weil du denkst, ich kenn mich so super mit dem Inventar von Borgin & Burke’s aus“, sagte er und schnipste einen Fussel von Lilys Umhang, was die mit einem Schnauben dankte. „Frag doch Schniefelus.“
„Ich frage Schniefelus nicht!“, zischte Lily, wie die Schlange, die früher ihr bester Freund war. „Wir reden nicht mehr miteinander.“
Sirius hob eine Augenbraue. „Ach, wirklich?“
Bevor Lily ihn anmotzen konnte und die Gelegenheit ausnutzte, um die ganze Schlammblut-Geschichte nochmal zu erzählen, mischte James sich wieder ein: „Hat Malfoy sich denn verdächtig umgeschaut und ein Cape getragen? Dann könnte da diesmal was dran sein“, sagte er breit grinsend. „Ansonsten hat Evans Phantasie nur wieder Hunger gehabt.“
„Ihr wisst doch alle ganz genau, dass Malfoy nicht ganz koscher ist“, begehrte Lily auf. „Nur weil dieses eine Buch nicht schwarzmagisch war, zieht ihr mich immer damit auf.“
„Lily, das war ein Kochbuch“, sagte Sirius kühl. „Du hast Malfoy vor der ganzen Schule zu Boden gerissen, weil er ein Kochbuch gelesen hat.“
„Sein rotes Gesicht war das aber wert.“ Relativ erfolglos versuchte James sich das Lachen zu verkneifen und wurde dabei genauso rot, wie Lily vor Scham.
„Selbst Schuld, wenn er es so geheimnistuerisch rumträgt“, murmelte sie eingeschnappt. „Aber diesmal hat er wirklich was vor und ich kann ihn ja schlecht im Auge behalten, wenn ich in der Schule sein muss.“
„Schmeiß die Schule“, sagte Sirius unbeeindruckt, „und werde Malfoys Stalker.“
„Und da sagt man ich sei aufdringlich“, fügte James hinzu.
„Du bist aufdringlich, Potter… warst aufdringlich… Ist doch auch egal.“ Lily winkte ab. „Aber du hast das wirklich noch nie gesehen, Sirius? Irgendwas von einer geheimnisvollen Box gehört, die den Weltuntergang einleitet?“ Jetzt übertrieb sie, weckte aber Remus‘ Aufmerksamkeit.
„Die Büchse der Pandora“, sagte er und schloss lächelnd die Augen, als Lily ihn anstrahlte. Peter vertrieb ihm das aber, als er ihn anstupste.
„Mein Aufsatz, Remus…“
„Daran hab ich auch schon gedacht!“, rief Lily enthusiastisch. „Ihr Zauberer tragt die verrücktesten Dinge mit euch herum. Gegenstände aus der griechischen Mythologie sicherlich auch.“
„Was ist Pandoras Büchse? Hab ich noch nie gehört“, sagte James schulterzuckend.
Sirius seufzte. „Ne Büchse.“ Er ignorierte James‘ „Ach, nee…“ und räusperte sich. „Öffnet man sie kommt alles Schlechte über die Welt. Deswegen sollte die Jungfrau Pandora drauf aufpassen… glaub ich…“
„Jungfrau?“ James grinste. „Nett…“
„Aber typisch Frau.“ Seufzend wandte Sirius sich Lily zu. „War zu neugierig, machte Büchse auf, Welt putt.“
Lily verdrehte die Augen. „Aber wenn das in der magischen Richtung auf Tatsachen beruht, dann würde Malfoy so ein Ding sicher haben wollen, oder?“, versuchte sie es erneut.
Sirius starrte sie einen Moment an, drehte sich um und suchte mit den Augen den Slytherin-Tisch ab. „Reg?! Komm mal!“, brüllte er laut genug, damit man es noch in den Kerkern hören konnte und drehte sich wieder nach vorne. Lily starrte ihn entsetzt an und James hatte die Augenbrauen gehoben.
„Redest du wieder mit ihm?“, fragte er und legte den Kopf schief.
„Siehst du doch“, murmelte Sirius, schaute über die Schulter und schob Lily zur Seite, damit Regulus einen desinteressierten Blick auf das Pergament werfen konnte. „Kennst du das?“
„Dir auch einen guten Morgen“, murmelte Regulus und lugte über Sirius‘ Schulter. „Wieso?“
„Typisch Slytherin“, grummelte James.
„Weil du der Einzige im Umkreis von fünfzig Metern bist, der sich gut genug mit sowas auskennt, damit ich ihn das fragen kann“, sagte Sirius und tippte auf das Pergament. „Kennst du es jetzt, Reg?“
„Ja, natürlich“, sagte Regulus und verdrehte die Augen. „Ich wollte es zum zwölften Geburtstag haben, aber du hast Vater ja lieber gesagt, ich will diese dämliche Kette.“
„Hups“, machte Sirius unschuldig.
„Kette?“ James musterte Regulus und prustete los. „Patriotismus, hä?“
Regulus verzog die Mundwinkel. „Dämliche Gryffindors…“, murmelte er vor sich hin.
„Dann kennst du es doch, Sirius!“, regte Lily sich auf. „Du hast mich angelogen.“
„Ich hab dich nicht angelogen. Keine Ahnung, was das ist. Es sieht aus wie ein Schmuckkästchen und verdammt“, er wandte sich Regulus zu, „du hättest auch was gebraucht, das du reinlegen kannst.“
Die grauen Augen verdrehend deutete Regulus auf das Kästchen. „Da tut man nicht so etwas wie eine Kette rein. Erst Recht keine verfluchte Kette. Du wolltest mich nur umbringen“, sagte er kalt.
„Die hat 1.500 Galleonen gekostet“, presste Sirius zwischen aufeinander mahlenden Kiefern hervor. „Wenn du –“
„Was genau soll man da denn reintun?“, unterbrach Lily ihn, aber Regulus ignorierte sie, schaute stattdessen Sirius an, als hätte der die Frage gestellt.
„Wenn du etwas hättest, dass dir unglaublich wichtig ist und das niemand anrühren soll, dann tust du es in so eine Schachtel. Die lässt sich individuell versiegeln und nur dann öffnen, wenn gewisse Gegebenheiten eintreten, die du vorher so festgelegt hast“, sagte er kühl, atmete tief durch und warf einen Blick auf das Pergament. „Das heißt im Grunde ist die Wahrscheinlichkeit, dass neugierige große Brüder vorbeikommen und meinen Lieblingskaugummi klauen verschwindend gering.“
„Ist sie eh“, sagte Sirius grinsend. „Ich wohn ja nicht mehr zu Hause.“ Er ignorierte Regulus‘ Schnauben und wandte sich Lily zu. „Also nichts Gefährliches.“
„Kommt drauf an, was du reintust“, meldete Regulus sich noch einmal besserwisserisch zu Wort und Sirius verdrehte die Augen. „Man kann auch die falschen Dinge beschützen. Nicht unbedingt materielle Dinge. Und man kann Sachen wegschließen.“ Einen Moment labte Regulus sich an den Fragezeichen, die durch die Gegend flogen, und seufzte zufrieden auf. „Es ist immer noch schwarzmagisch und gefährlich. Wenn es dir kaputt geht, dann wird auch der Inhalt zerstört.“
„Ja, aber…“ Sirius schüttelte verwirrt den Kopf. „Das ist ja nicht gefährlich. Hat ja keine Auswirkung auf alles außerhalb unserer mysteriösen Büchse.“
„Du solltest einfach nicht immer so neugierig sein, Sirius, und mysteriöse Büchsen mysteriöse Büchsen sein lassen.“ Regulus‘ Blick glitt zu James und seine Mundwinkel zuckten. „Obwohl diese Neugierde etwas Gutes hat. Vater sagte, er hätte nichts gegen Potter, sofern der die Babys bekommt.“
Sirius holte aus und schubste Regulus weg, der mit arrogant gerecktem Kinn davonstolzierte und Lilys Rufe ignorierte. „Kleine Petze“, murmelte Sirius und bekam einen viel zu festen Stoß von James zwischen die Rippen.
„Ey, er weiß doch, dass wenn schon du die Babys kriegst, oder?“, fragte James mit weit heruntergezogenen Mundwinkeln. „Ich kann so schlecht abnehmen.“
„Was ist denn jetzt mit dieser Box?“ Sich die dunkelroten Haare raufend starrte Lily ihr Pergament an. „Tut Malfoy etwas rein oder holt er etwas raus?“
„Man lässt sie lieber zu“, sagte Sirius, „vor allem wenn man was Falsches reingetan hat.“
„Was soll das denn heißen?“, fragte Lily mit zusammengezogenen Augenbrauen.
Sirius schüttelte den Kopf. „Ich will nur, dass du endlich die Klappe hältst. Meine Augen sind schwerer als Blei.“
„Oh, armer Sirius…“ Eine Hand auf Sirius‘ Kopf legend presste James ihn gegen seine Schulter. „Schlaf ruhig, ich wecke dich, wenn Evans etwas anderes zum Spielen gefunden hat.“
„Schön wär’s“, murmelte Sirius. „Aber dann zerstörst du eine sechsjährige Tradition…“ Die Augen schließend schmiegte er sich gegen den weichen Umhangstoff, der bald darauf leider nicht mehr so weich war. Sirius‘ Wange brannte, als er blinzelnd die Augen öffnete und direkt in die rumänische Nachmittagssonne starrte. Wahrscheinlich hatte er sich an der Rinde aufgeschürft, aber wer schmuste auch schon mit einem bescheuerten Baum?
„Scheiße…“ Sich die Augen abschirmend drehte er den Kopf zur Seite und rieb sich über die Augen, damit die schwarzen Punkte verschwanden. Das erste, was er ausmachte, als er wieder klar sehen konnte, war Draco, der zwei Meter von ihm entfernt im Schneidersitz auf dem Boden saß. Den Schnee um ihn herum hatte er geschmolzen und er trug eine dickgefütterte Jacke, die er wohl ganz neu hatte. Trotzdem fror er noch und seine zitternden Hände ließen fast den Zauberstab fallen, als er damit wieder und wieder gegen das Kästchen klopfte.
Sirius fror selbst ziemlich und rieb sich die prickelnden Oberarme, drehte sich leicht, damit er Draco besser betrachten konnte. Das orange-rote Licht der Sonne ließ sein Haar golden glänzen und die blasse Haut wirkte viel gesünder. Würde er nicht so frustriert und verbissen gucken, dann wäre das ein Bild, an das Sirius sich gerne erinnern wollte…
„Du solltest daran nicht so rumspielen“, sagte er, aber Draco schreckte nicht zusammen, schaute ihn nicht an und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als könnte er Sirius nicht hören. Den Blick senkend seufzte Sirius auf und zitterte jetzt wirklich am ganzen Körper. Es war nicht so gewesen, dass Draco ihn mit hasserfüllten Augen anschaute, aber dafür schaute er ihn auch sehr selten an… Es war, als wäre er innerlich erkaltet.
„Sirius, auch wieder wach?“, sprach Charlie ihn an, der sich am Waldrand damit beschäftigte das Zelt aufzubauen. Er grinste breit, als Sirius ihn anschaute, und kurz darauf seufzte er, weil Sirius so deprimiert wirkte. „Komm schon. Das wird doch lustig. Schau nicht so, nur weil du hier nichts…“ Er stoppte, schaute zu Draco und räusperte sich verlegen. „Du weißt schon.“
„Jaah…“ Sirius rappelte sich auf und streckte sich erstmal, atmete die frische Winterluft ein. In der Ferne versuchte er Drachen auszumachen, aber die schienen sich nicht zu trauen rauszukommen. „Draco?“ Die Hände in die Hosentaschen steckend schlenderte er auf den bibbernden Jungen zu und versuchte das Bedürfnis ihn irgendwie zu wärmen zu unterdrücken. „Willst du… ein bisschen spazieren gehen?“ Er lächelte, als Draco zu ihm hochschaute, die Augen groß und im dämmrigen Licht so wunderschön funkelnd, dass einem schwindelig wurde, wenn man zu lange hineinsah. „Dann wird dir wärmer…“
Draco schaute runter auf das Sirius so vertraut vorkommende Kästchen, aber sicher täuschte er sich da, und zuckte mit den Schultern. „Denke nicht…“, sagte er und fuhr mit dem Zeigefinger über die verschörkelten Verzierungen am Rand des Kästchens. „Hab zu tun.“
„Ähm…“ Sirius fuhr sich durch die Haare, schaute über die Schulter zu Charlie, der lauthals vor sich hinfluchte, und ließ sich kurzerhand neben Draco fallen. „Nette Schachtel.“
„Hm…“ Draco drehte den Kopf, zog eine Augenbraue hoch und musterte Sirius eine Weile, bevor er fast resigniert seufzte. „Das ist eine scheiß Schachtel. Sie frustriert mich schon seit ich sie gefunden habe.“
„Lass sie doch in Ruhe“, sagte Sirius und zuckte mit den Schultern. „Jungfrauen passen nur auf mysteriöse Schachteln auf und sollten sie nicht öffnen.“
Draco wurde leicht rosa um die Nase, wandte den Blick ab und steckte nach einer kurzen Pause den Zauberstab weg, brachte Sirius dadurch zum Lächeln. „Die Büchse der Pandora, hm?“, murmelte Draco und schob die zitternden Finger ineinander, schaute stur auf den Boden. „Aber das ist nur eine Legende.“
„Wollen wir das wirklich austesten?“, fragte Sirius und musterte die Schachtel von allen Seiten, ohne sie zu berühren.
„Das lässt mir doch sonst keine Ruhe“, sagte Draco leise. „Und außerdem hab ich sonst nichts zu tun, also…“ Er rieb sich mit einer Hand übers Gesicht und schüttelte den Kopf. „Sprich nicht mit…“ Sirius griff die andere eiskalte Hand und presste sie zwischen seine, worauf Draco so etwas Ähnliches wie ein Wimmern von sich gab. „…mir…“
„Du frierst“, sagte Sirius heiser und richtete den Blick auf die fast schneeweiße Hand zwischen seinen Fingern. „Ich muss ja nicht reden, um das zu ändern.“
„Als ob du lange die Klappe halten könntest“, sagte Draco, aber ein kleines Lächeln zuckte kurz über seine müden Züge. Die Sonne hatte schon die weit entfernten Bergspitzen erreicht und war dabei unterzugehen. Wenn Charlie sich mit dem Zelt nicht beeilte, würde sie sich alle eine fette Erkältung holen.
„Ich hab’s versaut, oder?“, durchbrach Sirius nach einer halben Ewigkeit die Stille. „Endgültig.“
Draco schüttelte den Kopf, schaute Sirius aber nicht in die Augen. „Es war meine Schuld, das hab ich doch schon gesagt“, murmelte er und atmete tief durch, als würde es ihm schwer fallen den nächsten Satz zu sagen. „Ich hab Vater irgendwo in mir drin doch auch immer gehasst.“ Sirius‘ perplexer Blick ließ Draco in die entgegengesetzte Richtung schauen. „Nach allem, was er mir angetan hat, bin ich dir sogar fast dankbar.“
Sirius wollte das so gerne glauben, aber irgendwie fiel es ihm verdammt schwer. Dracos Hand loslassend erhob er sich und steckte die Hände in die Hosentaschen, tat so, als wolle er sich die Beine vertretend, indem er von einem Fuß auf den anderen trat, aber Draco schaute ihn ohnehin nicht an. „Ich glaub, ich geh mal Charlie helfen“, murmelte er und ließ seinen Worten sofort Taten folgen, auch wenn Charlie inzwischen selbst fertig geworden war. „Hat aber auch gedauert.“
„Das ist ein Neues, musste mich erstmal dran gewöhnen.“ Charlie schien es nicht für nötig zu halten eine Jacke zu tragen und demonstrierte seine scheiß Armmuskeln, als er die Hände in die Hüfte stemmte. „Spielt er immer noch mit dem Kästchen?“ Fast besorgt runzelte Charlie die Stirn, was so gar nicht seine Art war und Sirius gefiel ohnehin nicht, wie Charlie in letzter Zeit dazu neigte Draco anzustarren. Zwar bezweifelte er tief in seinem Inneren doch, dass ausgerechnet die beiden einander attraktiv finden könnten, aber man wusste ja nie…
„Denkst du immer noch, dass er damit irgendwas in die Luft sprengen will?“, fragte Sirius und warf einen Blick auf das nicht sehr imposante Zelt. Im Inneren sah es natürlich anders aus, aber Draco war da wohl auch besseres gewohnt.
„Also, ich weiß nicht was es ist“, sagte Charlie, abwehrend die Hände gehoben.
„Jedenfalls nicht Pandoras Büchse“, sagte Sirius melancholisch lächelnd. Er schaute über die Schulter zu Draco, der tatsächlich wieder gegen das Kästchen klopfte.
Die Augenbrauen zusammen ziehend stupste Charlie ihn an. „Was ist es denn?“, fragte er und grinste, als würde das Sirius bestechen können.
„Wenn es das ist, was ich glaube, das es ist, dann besteht keine Gefahr“, sagte Sirius und winkte ab, aber Charlie legte neugierig den Kopf schief. „Soweit ich mich erinnere, benutzt man das um etwas sicher zu verwahren. Sehr sicher. Wenn du nicht weißt, wie du es verschlossen hast, dann kriegst du es auch mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht auf.“
„Was könnte Lucius da rein getan haben?“, fragte Charlie und fuhr sich durch die roten Haare, bevor er sich am Hinterkopf kratzte. „Er hat es ja erst vor Kurzem in sein Verlies gebracht, also muss er eine plötzliche Leidenschaft für irgendetwas entwickelt haben…“
Sirius verdrehte die Augen. „Höchstwahrscheinlich nur sein Testament. Ich hab noch nie verstanden, wie man sich stundenlang mit sowas beschäftigen konnte“, sagte er und runzelte die Stirn, als Charlie ihm winkte. Kurz darauf stand aber Draco neben ihm und er verstand, dass diese Geste nicht für ihn gewesen war. Allerdings hatte Charlie Draco nicht zu winken…
„Können wir da nicht rein oder steht ihr hier aus Spaß?“, fragte Draco und legte so furchtbar goldig den Kopf schief, dass es Sirius verdammt schwer fiel, ihn nicht sofort zu küssen.
„Nee, aber du darfst zuerst rein“, sagte Charlie, legte die Hand auf Dracos Schulter und schob ihn vorwärts. „Und wehe du lobst mich nicht, ich hab Stunden dafür geackert.“
Draco prustete und verschwand im Zelt, dicht gefolgt von Charlie. Sirius starrte einen Moment missmutig über die weiten Wiesen Rumäniens, drehte sich dann herum und folgte den beiden anderen in das Zelt. Bevor ihm die Einrichtung auffiel, bemerkte er Charlies Hand auf Dracos Rücken und knurrte leise. Er hatte kein gutes Gefühl und nein, er wurde nicht leicht eifersüchtig. Das lag nur daran, dass er sich bei Draco eben nicht sicher sein konnte. Wenn er da irgendwas hätte, dann… könnte er sich daran klammern, aber so… Charlie würde nicht ausnutzen, dass Draco jetzt ein bisschen Abstand brauchte. Bestimmt nicht. Und Sirius wollte sich nicht hetzen lassen…
„Passt schon“, sagte Draco seufzend, als er sich umgeschaut hatte, das Kästchen fest gegen seine Brust drückend. „Aber wehe das Bad ist nur so ein Loch, dann grab ich mir draußen ein Loch und sterbe.“
Charlie gluckste, grinste Sirius über die Schulter zu und ließ Draco endlich los. „Willst du oben schlafen, Sirius?“
„Was?“ Die Augenbrauen hebend fiel Sirius‘ Blick auf die drei Betten und er atmete erleichtert aus, als er bemerkte, dass das eine ein Hochbett war. Er hatte schon gedacht… „Sucht ihr euch mal zuerst eins aus“, sagte er und lächelte Draco zu, der sich gleich auf das einzelne Bett an der Wand setzte.
„Dann krieg ich es vielleicht nicht mit, wenn ihr… private Dinge zu erledigen habt“, schnarrte er und hüpfte kurz testend auf der Matratze auf und ab. Der Funken Eifersucht in seiner Stimme ließ es aber warm in Sirius‘ Brust werden und er hoffte wirklich, dass Draco jetzt nicht Lust darauf bekam sich von Charlie trösten zu lassen. Oje, oje… Die kräftigen Arme des Drachenwärters waren bestimmt wunderbar warm in diesen kalten Nächten. Und Sirius würde draußen bei den Drachen schlafen müssen, damit er nicht störte.
„Also… Die Küche…“ Charlie boxte Sirius gegen den Oberarm und deutete auf die Küchenzeile auf der linken Seite des Zeltes. „Ich muss ja arbeiten und da ihr eigentlich nichts zu tun habt – außer nachdenken – könnt ihr kochen, putzen und all diesen Kram, okay?“
„Ich putze nicht“, sagte Draco sofort und schnaubte empört auf. „Außerdem bin ich nicht freiwillig hier. Warum sollte ich einen Finger rühren?“
„Wenn du nicht im Dreck verrecken willst, dann solltest du was tun“, sagte Charlie munter. „Mann, das wird so toll. Zwei Männer und ein warmes Essen, wenn ich von der Arbeit komme. Draco, deine Samtpfoten dürfen meine Schultern massieren und Sirius, du darfst das lassen, weil du es nicht kannst.“
Hätte Sirius Charlie da nicht zustimmen müssen, dann hätte er ihm eine runtergehauen, weil das eine Anmache war. Merlin, er wusste, warum Remus ihn hergeschickt hatte: Er würde vor Eifersucht zu Grunde gehen… Es tat jetzt schon höllisch weh dabei zuzusehen, wie Charlie Draco zum Lachen brachte.
„Ich hab noch nie gekocht“, sagte Draco kopfschüttelnd. „Das sollte auch lieber Sirius übernehmen.“
„Hab schon verstanden“, seufzte Sirius. „Ich bin der Zeltelf.“
„Das heißt nicht, dass ich gar nichts –“ Draco stoppte, als Sirius die Hand hob.
„Passt schon. Immerhin hast du… ähm…“ Er winkte ab und drehte sich um, ließ sich auf einen Stuhl beim Küchentisch fallen. „Weißt schon…“
„Aber ich war nicht so schwer verletzt“, sagte Draco kalt. „Mich muss niemand mit Samtpfoten anfassen.“ Als Sirius hochschaute grinste Draco gerade Charlie zu, was ihn schnell wieder wegsehen ließ. Ein Insider, na toll. Das würde schrecklich werden…
„Ich hab auch leider alles andere als Samtpfoten“, sagte Charlie breit grinsend. Sirius fühlte sich, als hätte ihm jemand in den Magen geboxt. Was auch daran liegen konnte, dass Charlie gerade seinen Ellenbogen hinein rammte. Sirius versuchte nicht laut aufzuschreien. Zwar war die Verletzung vollständig verteilt und hatte nur eine hässliche Narbe zurückgelassen, aber es tat immer noch weh. Fast so sehr, wie Charlies Flirtversuche. Draco musste das doch merken. So unschuldig war er auch wieder nicht…
Eigentlich war er ganz und gar nicht unschuldig, machte das am Ende sogar absichtlich, damit… damit was? Sirius klopfte seufzend auf dem Tisch herum. Er hatte jetzt schon keine Lust auf unbestimmte Zeit hier in Rumänien zu hocken und nachzudenken. Das Blut pulsierte ja schon in seinen Schläfen, wenn er darüber nachdachte, ob Draco jeden seiner Schritte plante oder auch mal ganz normal war. Aber war er dann überhaupt normal? War es nicht irgendwie ein Teil von Draco so furchtbar berechnend zu sein? Ach, jetzt wusste er aber wenigstens, warum er damals in Gryffindor gelandet war! Slytherins dachten einfach zu viel nach und er eben lieber gar nicht…
„Also…“ Charlie hatte die Küchenschränke aufgezogen und fing an auszupacken, wobei er aber alles einfach nur irgendwo unkoordiniert hineinstopfte. „Ich geh jeden Freitag ins Camp und erstatte Bericht, vor allem über das Jungtier, ihr wisst schon.“ Sirius wusste nichts, nein. „Dann geh ich auch einkaufen, also sagt mir vorher, wenn ihr etwas braucht.“
„Dürfen wir nicht mitkommen?“, fragte Draco mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Das Kästchen hatte er neben sein Kopfkissen gelegt und zog sich gerade die Jacke aus.
Charlie schüttelte den Kopf und warf kurzerhand eine Packung Kekse nach Draco, die der geschickt aus der Luft auffing. „Nette Reflexe, Kleiner. Sucher?“ Draco nickte. „Wunderbar. Dann können wir mal spielen.“
Sirius sackte auf dem Tisch zusammen. Er hasste Quidditch. Gut, er sah gerne dabei zu, aber ihm fehlte einfach das Talent und sportliche Betätigung lag ihm allgemein nicht. Jetzt konnten Draco und Charlie lachend durch die Lüfte fliegen und hinterher direkt im Bett weitermachen…
„Aber wieso dürfen wir nicht mitkommen?“, fragte Draco noch einmal. „Wo ist der Unterschied?“
„Keine Vergnügungseinrichtungen für Sirius und ein Supermarkt, egal wie klein er ist, gilt auch als Vergnügen“, sagte Charlie schulterzuckend.
Sirius seufzte auf. „Ihr könnt mich doch draußen anbinden“, sagte er und versuchte sich an einem charmanten Grinsen, aber Draco riss gerade die Kekspackung auf. Natürlich… Das war auch süßer als Sirius Black. „Charlie, Draco soll sich ruhig amüsieren, okay? Ich werd mich zurücknehmen und mich bemühen resistent gegenüber Spaß zu werden.“
„Das ist süß von dir, Sirius“, sagte Charlie, während Draco aufstand und sich ans Kopfende des Tisches neben Sirius fallen ließ, ihm ausdruckslos die Kekstüte hinhielt. „Aber wir haben ja Zeit und ich nehm euch bestimmt mal mit.“
Sirius hatte ihm gar nicht richtig zugehört, sondern knabberte an seinem Keks, während er Draco verträumt anstarrte, der seinerseits aber ein paar Krümel auf dem Tisch mit den Fingern hin und her schob.
„Wenn ich arbeiten gehe, dann heißt das nicht, dass ich feste Zeiten habe“, plapperte Charlie vor sich hin. „Das heißt es kann durchaus sein, dass ich plötzlich hier reinplatze. Andererseits bin ich vor allem jetzt am Anfang besonders beschäftigt, mit dem Jungtier zum Beispiel, ihr wisst ja.“ Sirius wusste immer noch nichts. „Also bitte keine Kuschelstunden.“
Draco stellte die Kekstüte soweit wie möglich von Sirius weg. „Darf ich einen Schritt vor die Tür gehen, oder ist das auch nicht erlaubt? Warte, ich muss aufs Klo. Darf ich?“ Charlie gluckste und schüttelte den Kopf, drehte sich zu Draco herum, der die Arme vor der Brust verschränkte. „Da du meistens nicht hier sein wirst, Charles, könnte ich einfach weglaufen. Das würde keiner von euch verhindern können.“
„Doch. Sirius macht das schon“, sagte Charlie grinsend. „Er kennt sich ja schon aus mit… Hausarrest. Und natürlich dürft ihr spazieren gehen, aber ich würde euch empfehlen den Wald nicht zu verlassen. Ihr könntet die Drachen verschrecken.“
Draco hob eine Augenbraue und sah dabei einfach bezaubernd aus. „Wir können die Drachen verschrecken?“ Er prustete und schaute zu Sirius, als erwarte er einen ergänzenden Kommentar, wofür der Zeltelf aber zu abgelenkt war. „Ja, die riesen Dinger werden sich vor Angst in die nicht vorhandenen Hosen machen, wenn sie uns auch nur vom Weiten sehen. Flügel einpacken und weglaufen, hm?“
„Höchstwahrscheinlich endet es eher in wirklich heftigen Verbrennungen für euch und das wäre schade um dein hübsches Gesicht, Draco“, sagte Charlie und zwinkerte. Sirius knurrte leise.
„Hast du das Cedric Diggory damals auch gesagt und deswegen hat er sich nur die Haare ankokeln lassen?“, fragte Draco und ignorierte Charlies Flirtversuche zum Glück. Oder war Sirius zu alt um hier mitzukommen? Wieso hatte er eigentlich schon so lange nichts mehr gesagt? Er wurde der Außenseiter… Ausgerechnet er.
„Erstens hat Harry ihm gesagt, er soll sich die Haare abfackeln lassen und zweitens hab ich das ernst gemeint. Wir sind hier nicht in einem Flubberwurm-Reservat, falls es sowas gibt“, sagte Charlie, stapfte zu seiner Reisetasche und begann die auszupacken. Sirius seufzte auf und schlug sich innerlich dafür, dass er nicht daran gedacht sich irgendwie sexy Unterwäsche zu besorgen. An sowas dachten immer nur Frauen… und Charlies. Sirius lugte zu Draco, der zum Glück wieder mit den Krümeln auf dem Tisch spielte, was Charlie bestimmt wurmte, weil er absichtlich so auspackte, wie er eben auspackte.
„Argh, hör auf damit, Sirius!“ Er raufte sich die Haare und bemerkte eine Sekunde später, dass alle ihn anstarrten. „Beachtet mich einfach weiter nicht“, winkte er schnell ab und grinste, weckte so anscheinend Dracos Mitleid, weil der ihm die Kekskrümel hinschob. „Danke…“ Sirius schwenkte den Zauberstab und säuberte den Tisch.
„Willst du Zauberschnippschnapp spielen, Black?“, fragte Draco und setzte seinen unschuldigen Blick auf, dem Sirius nicht widerstehen konnte. Zwanzig Minuten und Sirius‘ Augenbrauen später hatte Charlie allerdings ausgepackt und machte sich erstmal lustig über den Verlierer der Partie, die hoffentlich ohne Wiederholung bleiben würde.
„Grandios…“ Sirius fuhr sich mit dem Finger über die verschmorten Überreste seiner Brauen und versuchte wenigstens aus Dracos Grinsen etwas Gutes zu ziehen. „Ich hasse das Spiel. Explodierende Karten… Wer denkt sich sowas aus?“ Grummelnd verzog er sich in das Bad – das Dracos Befürchtung nach kein Loch, aber auch kein Traum war – und besah sich das Missgeschick im Spiegel. Mit ein paar Zaubersprüchen hatte er seine Augenbrauen aber wieder, auch wenn er selbst fand, dass sie irgendwie schief aussahen.
Allerdings bereute er es sich überhaupt verzogen zu haben, als er wieder aus dem Bad schlurfte und den perfekten Ausblick auf Charlies Hände auf Dracos Hintern hatte. Gut, man könnte sich sagen, dass Charlie Draco ja nur auf das obere Etagenbett schob, aber es gab eine Leiter, das bekam man alleine hin.
„Hast du’s?“ Jetzt tat Charlie auch noch so, als hätte er seine Finger da nicht gerne gehabt…
„Ja…“ Draco drehte sich herum und ließ die Beine von der Bettkante herunterbaumeln, winkte Sirius kurz, als er ihn entdeckte. „Das ist aber eklig, hier oben…“
„Was…“ Sirius räusperte sich und wurde jetzt auch endlich von Charlie bemerkt, der ihm ganz unschuldig zulächelte.
„Draco wollte mal das obere Bett ausprobieren. Kannst du dir vorstellen, dass er sowas gar nicht kennt?“, amüsierte Charlie sich und bekam Dracos Fußspitze gegen die Stirn. „Ey…“
„Macht euch nicht lustig“, murmelte Draco mit rosafarbenen Wangen. „Dafür weiß ich, was ein Göffel ist.“
„Eine merkwürdige Wortkreation?“, prustete Charlie und schüttelte den Kopf, schlug Draco spielerisch gegen das Bein, worauf Sirius die Zähne fest aufeinander biss. Er sollte Remus umbringen, weil der das bestimmt mit Absicht gemacht hatte. Sirius‘ Herz brach kurzerhand in Zwei, als Draco die Hände ausstreckte und Charlie zu sich winkte, damit er ihm herunterhalf. Die Finger tief in die breiten Schulter krallend ließ Draco sich um die Hüfte herum fassen und landete bestimmt nicht zufällig kaum zwei Zentimeter von Charlie entfernt auf dem Boden.
„Danke“, murmelte Draco und nur ein ‚Bitte‘ oder ‚Ich liebe dich‘ hätte Sirius härter treffen können. Malfoys sagten doch nicht so leicht ‚Danke‘, sondern machten da immer ein Drama draus. Es war zu spät. Er hatte seinen Draco verloren und das ausgerechnet an Charlie.
„Ich geh mal frische Luft schnappen“, sagte Sirius hastig, bekam ein grinsendes Nicken von Charlie und einen verwirrten Blick von Draco geschenkt. Aber die beiden wären sicher froh, wenn er sie endlich allein lassen würde.
Die Sonne war schon fast hinter den Bergspitzen verschwunden und tauchte den Waldrand in ein merkwürdiges Indigoblau, das Sirius nicht behagte. Aber ihn hielt ja keiner auf, warum auch, dann konnte er sich hier ein bisschen umschauen. Er sollte ja eh nachdenken und das konnte er nicht, wenn Draco da war. Erst Recht konnte er das nicht, wenn Charlie und Draco anfangen würden Händchen zu halten… zu knutschen und dann würden sie ihn nachts rauswerfen, damit Draco endlich seine Jungfräulichkeit loswurde.
„Ach, verdammt.“ Sirius rammte die Faust gegen den nächstbesten Baum und schaute über die Schulter zum Zelt zurück, in dem gerade Licht angezündet wurde. Romantische Kuschelstunden. Draco passte auch so wunderbar in Charlies Arme und konnte den Kopf an die muskelbepackte Brust schmiegen, dabei bezaubernd seufzen. Niemand seufzte schöner als Draco.
Sirius schüttelte den Kopf. Er sollte nachdenken. Nicht über Draco. Den Kopf wieder nach vorne drehend sprang er erschrocken einen Schritt zurück, als plötzlich jemand direkt vor ihm stand.
„Nott?“, fiepte er und schaute sich um. Wenn Draco jetzt rauskam, dann… „Was machst du denn hier?“
„Hmpf…“ Theodore schien keine Lust zu haben mit ihm zu reden und rutschte hinter den Baum zurück.
Sirius lugte um den Stamm herum und versuchte hinter der dunklen Brille mehr zu erkennen. „Verfolgst du Draco?“, fragte er scharf nach.
„Verfolgen Sie mich, Black?“ Die Mundwinkel leicht heruntergezogen versuchte Theodore wieder hinter den Baum zurückzuweichen. „Gehen Sie weg.“
„Wieso tauchst du vor meinen Augen auf, wenn du nicht mit mir reden willst?“, fragte Sirius und wanderte um den Baum herum, was Theodore wieder zurückweichen ließ. „Ich dachte, das wird wieder so ein mysteriöses Gespräch, wie neulich im St. Mungos.“
Theodore hob eine Augenbraue. „Was war daran mysteriös? Außerdem tauchen immer Sie vor meiner Nase auf…“
„Du bist mysteriös, Junge“, knurrte Sirius, musterte Nott von oben bis unten, aber schüchterte den so nicht ein. „Wieso folgst du Draco bis… ans Ende der Welt?“
„Ich würde für ihn sogar darüber hinausgehen“, sagte Theodore so kalt, dass es gar nicht mehr kitschig klang. „Aber davon verstehen Sie nichts, Black. Warum kommen Sie nicht in die Puschen?“
„In die… was?“
Theodore schnaubte auf. „Gehen Sie wieder rein und lassen Sie mich in Ruhe“, murmelte er.
„Tja, da drinnen tu ich mir aber nicht unser neues Traumpaar an“, sagte Sirius und verschränkte die Arme vor der Brust, was Theodore imitierte.
„Sie sind selbst Schuld, weil Sie nicht in die Puschen kommen“, sagte er und ignorierte Sirius‘ fragenden Blick. „Ich versteh auch Ihr Problem nicht. Draco will Sie, Sie wollen Draco und trotzdem lassen Sie ihn da drinnen mit Weasley alleine. Kein Wunder, dass es darauf hinausläuft.“
„Du bist ein merkwürdiger Junge, Nott“, murmelte Sirius kopfschüttelnd.
„Das hab ich schon oft gehört“, sagte Theodore desinteressiert. „Jetzt verschwinden Sie.“
„Oh… Warst du etwa nicht Dracos bester Freund und furchtbar unbeliebt?“, gluckste Sirius und reckte triumphierend das Kinn, als Theodore knurrte. „Oh, ein freakiger Außenseiter. Hatte Draco keine Angst vor deinen perversen Blicken unter der Dusche? Oder hat er sie genauso wenig bemerkt wie jetzt?“
„Verschwinden Sie einfach“, zischte Theodore.
„Draco?!“ Sirius winkte wild, als Draco aus dem Zelt schaute. „Komm mal her. Ich muss dir was zeigen.“
„Hm?“, machte Draco und ließ sich von Sirius am Arm fassen, als er nur noch ein paar Meter entfernt war. Sirius zog ihn hastig um den Baum herum und deutete grinsend auf die Stelle, wo eben noch Theodore gestanden hatte – nur war der Junge immer noch verdammt fix. „Was ist denn, Sirius?“ Draco runzelte die Stirn, drehte den Kopf und fixierte den Stamm, sah auf einmal aus, als hätte Sirius ihn geschlagen. „Oh…“
„Eben war er noch…“ Sirius schaute sich verwirrt um, suchte in der hereinbrechenden Dunkelheit nach verräterischen Schatten, entdeckte aber keine. „Ich…“
„Du…“ Draco schnaubte. „Du bist ein Arschloch, Black.“
Sirius‘ Augen schwollen an. „Was?“ Er fuhr herum und entdeckte die frischeingebrannten Initialen in der Baumrinde. „Nein! Das war ich nicht! Ich –“
„Wenn du mit deinem Charlie-Schatz alleine sein willst, dann kannst du mir das anders sagen und musst euch nicht so einen dämlichen… Baum ma-machen, oder wie das heißt.“ Dracos Augen glitzerten verräterisch, als er herumfuhr und zurück ins Zelt stürmte.
„Draco, warte doch!“ Sirius ließ den Kopf hängen, als Draco natürlich nicht hörte. „Nott, du Mistkerl…“ Er zückte den Zauberstab und zog einen länglichen Strich an den Bauch des Cs, das sich zusammen mit einem S den Platz in einem krakeligen Herzchen teilte, machte so ein hässliches D daraus. Aus den Augenwinkeln bekam er eine Umhangbewegung in der Nähe mit und drehte sich herum, stellte sich dem diabolischen Grinsen von Theodore, während der mit dem Zauberstab winkte.
„Machen Sie sich nicht über mich lustig“, zischte Nott. „Und wenn Sie endlich in die Puschen kommen, dann nehmen Sie das verdammte Kästchen mit. Beenden Sie diesen Quatsch.“
„Beende diesen Puschen-Quatsch“, zischte Sirius zurück und drehte sich herum. „Ich mache gar nichts, nur weil du es mir sagst. Wäre ja noch schöner…“ Weiter vor sich hinmurmelnd marschierte Sirius in das Zelt zurück, wo Charlie sich an Dracos Bettkante gesetzt hatte, eine Hand auf der bebenden Schulter von Draco, der sich auf sein Bett geschmissen und das Gesicht im Kissen vergraben hatte. Allerdings gab er nichts von sich, das ansatzweise an Schluchzer erinnerte.
„Sirius, was hast du getan?“, fragte Charlie, aber bevor er eine Antwort bekam, fuhr Draco dazwischen.
„Gar nichts hat er getan! Und fass mich nicht an!“ Er schubste Charlie von sich weg und rollte sich unter der Decke zusammen. „Ich bin müde und will nach Hause. Hier ganz allein mit euch geh ich ein…“
„Ach, Draco…“ Charlie tätschelte trotz Widerstand den weißblonden Haarschopf. „Ich hab ne Schwäche für Drachen, da lass ich dich ganz sicher nicht eingehen.“
„Ah, ja? Dann bewässere ihn mal schön“, zischte Sirius und machte sich an die hoffnungslose Aufgabe die Schränke nach Alkohol zu durchsuchen. Über die Schulter warf er einen Blick an dem ratlosen Charlie vorbei auf Dracos Bett, wo er das Kästchen ausmachte. Kaputtmachen sollte er das? Draco sein Spielzeug wegnehmen und diabolisch lachend drauftreten? Wenn er daran dachte, was er wegen diesem Teil durchmachen musste, dann würde er das liebendgern tun. Andererseits würde er sicher nichts tun, das am Ende dafür sorgte, dass Theodore Arschloch Nott wieder zu seinem Draco konnte. Man wusste ja nie, was in so einem Kästchen drin sein konnte.
Und am Ende bedeutete es für Sirius wirklich den Weltuntergang…
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