von Dr. S
Es wurde noch lange nicht Morgen und das würde sich auch nicht ändern, wenn Sirius öfter auf die Uhr schaute. Er wälzte sich in seinem alten Bett herum und blieb irgendwann auf dem Rücken liegen, versuchte in der Dunkelheit die Bilder an der Wand auszumachen. Wenn er daran dachte, dass Draco nur ein Zimmer von ihm entfernt schlief, dann fiel es ihm unsagbar schwer hier liegen zu bleiben, geschweige denn zur Ruhe zu kommen.
Merlin, ja. Die Abweisung hätte deutlicher nicht sein können, aber so leicht gab ein Sirius Black nicht auf. Draco tat doch nur so kalt, eigentlich mochte er es so behandelt zu werden. Immerhin war er ein Malfoy und die mochten es Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen.
Irgendwann würde Draco auf Knien zu ihm gerutscht kommen und ehrlich gesagt hätte Sirius ihn da am liebsten…
„Black, bist du wach?“
Sirius fuhr hoch. Das ging ja schneller als er sich in seinen schönsten Träumen ausgemalt hatte. Draco schob seine Zimmertür auf und lugte vorsichtig herein, bevor er schnell hereinschlüpfte, als Sirius sich aufsetzte. Mit beiden Händen schob er die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen, schaute sich interessiert um.
„Das ist dein Zimmer?“
„Jaah.“ Sirius winkte Draco her. „Hat Charakter, nicht wahr?“
Draco stieß hörbar die Luft aus und stemmte sich von der Tür ab. „Genauso wenig wie du“, sagte er und spazierte auf Sirius zu, der die Bettdecke beiseite schlug, um die Füße auf den Boden zu stellen.
„Mochte es nie hier. Alles nur Provokation“, sagte Sirius und fasste Draco am Handgelenk, als der bei ihm angekommen war. „Vor allem die Mädchen.“ Damit zog er Draco nach vorne und auf seinen Schoß. Einen Moment wunderte er sich, warum die blassen Arme sich so bereitwillig um seinen Nacken schlangen, dann war es ihm egal.
„Das weiß ich doch noch, Black“, sagte Draco, rutschte dicht an Sirius‘ Brust und schaute ihm dabei in die Augen. Sirius fühlte sich, als wäre er gerade in einem zugefrorenen See eingebrochen, weshalb er prompt erzitterte. „Dir scheint kalt zu sein.“
„Oh, das…“
„Das können wir ändern, ja“, hauchte Draco, platzierte eine Hand in Sirius‘ Nacken und zog ihn näher.
Sirius rollte die Lippen ein, worauf Draco den Kopf schief legte. „Was soll das jetzt werden?“, fragte er misstrauisch. Die ganze Zeit war Draco so abweisend gewesen und jetzt krabbelte er in Sirius‘ Bett? Einfach so? Nie und nimmer.
„Ich…“ Draco drehte den Kopf zur Seite. „Du spielst also wirklich wieder nur mit mir“, sagte er bitter und wollte aufstehen. Sirius schlang die Arme um den nackten Rücken und zog Draco wieder dicht an sich. „Black, lass das. Ich hab gedacht, dass du es ernst meinst, nach dem, was Professor Lupin gesagt hat, aber –“
Sirius schnellte vor und küsste die Lippen, von denen er so lange geträumt hatte. Draco gab einen dumpfen Protestlaut von sich, was sich irgendwie mit seiner kleinen Anmache von eben biss, aber Sirius scherte sich da keinen Knut drum. Die weichen Lippen schmiegten sich so perfekt gegen seine, dass Sirius sich wünschte er hätte seinen ersten Kuss damals in Hogwarts nicht für den Höchstpreis versteigert.
„Moment“, keuchte Sirius und hielt Dracos Kopf mit beiden Händen auf Abstand. „Wieso kann ich das nicht glauben?“
Draco grinste. „Weil es zu schön ist, um wahr zu sein“, wisperte er, während er mit Sirius‘ Nackenhaaren spielte.
„Jaah…“ Sirius befeuchtete sich langsam die Lippen. „Jaah…“
Draco schmunzelte und strich Sirius über die Wange. „Zu lange, Sirius, viel zu lange…“
„Jaah…“
Sirius hätte sich selbst für diese ewige Wortwiederholung ohrfeigen können, aber Draco schien das anscheinend amüsant zu finden. „Dann warte nicht mehr und küss mich wenigstens“, sagte er und lehnte sich vor.
„Dabei wird’s nicht bleiben“, murmelte Sirius und spürte nur kurz die anderen Lippen auf seinen.
„Dann soll es so sein“, gab Draco zurück.
„Ich dachte, niemand fasst dich an?“
Draco grinste ihn an, fasste Sirius an den Handgelenken und führte seine Hände herunter, wo sie leicht verkrampft auf Dracos Hüfte zu liegen kamen. „Ich hab alles für dich aufgehoben.“
Sirius‘ Augen wurden groß. Ruckartig zog er Draco dichter an sich, warf ihn herum und presste ihn auf die Matratze, wobei er die Lippen hart gegen Dracos drückte. Die schlanken Beine schlangen sich sofort um seine Hüfte, als Sirius jeglichen störenden Stoff von ihnen gerissen hatte, und zogen ihn herunter. Die plötzliche Berührung ließ Sirius keuchen.
„Für eine Jungfrau gehst du aber ganz schön ran“, sagte er grinsend, schob Draco höher und ließ sich die Pyjamahose abstreifen.
„Ich bin Zwillinge“, sagte Draco und brachte Sirius zum Lachen.
„Das wäre das reinste Paradies“, wisperte er und presste sich so dicht wie möglich gegen Dracos perfekte Haut. „Merlin, das ist schon das Paradies…“ Er grub die Finger tief und haltsuchend in Dracos Oberschenkel, kniff die Augen zusammen, als der intensive Hautkontakt ein kaum auszuhaltendes Brennen durch seinen gesamten Körper schickte.
„Sirius?“ Dracos Arme schlangen sich um den breiten Rücken. „Ich muss dir noch was sagen.“
Innerlich stöhnte Sirius auf. Er wollte jetzt. Jetzt sofort! Trotzdem suchte er Blickkontakt mit den hellgrauen Augen und gab ein fragendes Geräusch von sich. Zu mehr war er im Moment einfach nicht in der Lage.
„Ich liebe dich“, hauchte Draco mit glitzernden Augen und raubte Sirius so jeglichen Atem.
Er schnappte nach Luft und fuhr keuchend hoch. Einen Moment blinzelte Sirius, als Draco weg war und er alleine in seinem dunklen Zimmer lag. Verwirrt wischte er sich die verschwitzten Haare aus der Stirn und richtete sich auf.
„Ein Traum?“ Sirius seufzte enttäuscht auf, fühlte sich ziemlich unwohl in seinem durchgeschwitzten Bettzeug und hob die Decke leicht an. „Na, toll…“ Mit einem Grummeln streckte er sich nach seinem Zauberstab, beseitigte mit einem Schwenker das Malheur dieses – noch nicht seiner Lieblingstemperatur entsprechenden – Traumes und setzte sich auf.
Ich liebe dich… Sirius‘ Mundwinkel zuckten. Merlin, er hatte nicht gewusst, dass er sowas von Draco hören wollte, aber jetzt bestand da kein Zweifel mehr dran. Allein im Traum hatte das eine unglaubliche Wirkung gehabt, wie dann erst in der Realität?
Sirius schüttelte sich kurz. Na ja, daran sollte er jetzt gar nicht denken. Im Moment war er noch weit davon entfernt Zuneigung von Draco gezeigt zu bekommen, also erst Recht keine Liebe. Noch nicht…
Mit einem selbstsicheren Grinsen stand er auf, streckte sich und beschloss erst einmal ins Bad zu gehen. Dann würde er sich um ein nettes Frühstück für seinen Gast kümmern und Remus nichts machen, weil Remus gemein zu ihm gewesen war. Nicht zu vergessen musste er Kreacher mal wieder füttern. Als der ihm zu sehr auf die Nerven gegangen war, hatte Sirius den Hauselfen einfach auf den Dachboden verbannt und nur auf die Fesseln verzichtet, weil Hermine ihn mit irgendwelchen Rechten genervt hatte.
Als Sirius die Klinke herunterzog und trotzdem die Tür nicht öffnen konnte, war ihm sofort klar, wer da schon im Bad war. Er grinste diabolisch, zückte den Zauberstab und murmelte: „Alohomora.“
Gerade wollte er die Tür wieder aufziehen, da hörte er von innen ein seufzendes „Colloportus“ und das folgende Knackgeräusch signalisierte, dass die Tür erneut verschlossen war. Sirius schob schmollend die Unterlippe vor. Draco sperrte ihn einfach wieder aus! Wie sollte er jetzt klischeehaft ins Bad stolpern und „Hups!“ rufen?
Sich räuspernd tippte Sirius erneut die Tür an: „Alohomora.“
Es dauerte keinen Wimpernschlag, dann hörte er Dracos Stimme: „Colloportus.“
„Oi…“ Sirius klopfte mit dem Zauberstab ein paar Mal gegen die Tür. „Draco? Mach doch auf. Ich… ähm, muss ganz dringend.“
„Du musst ganz dringend spannen, was?“, kam es von drinnen. „Ich hab nichts an. Da lass ich sicher nicht den hungrigen Löwen rein.“
Sirius‘ Grinsen wurde rekordverdächtig breit und er hockte sich vor das Schlüsselloch. Gerade presste er sich dagegen, um einen Blick ins Bad zu werfen, da schoss etwas aus der Öffnung direkt in sein Auge. Aufschreiend hüpfte Sirius zurück und hielt sich die Hand auf das schmerzende Jochbein.
„Spanner“, rief Draco ihm zu.
„Mieser, kleiner…“ Sirius grummelte leise vor sich hin, gab aber noch nicht auf. „Draco? Mach doch auf. Es ist wirklich dringend.“
„Black, wenn es dringend wäre würdest du ein Stockwerk tiefer gehen“, sagte Draco leicht genervt. „Ich borg mir dein Shampoo.“
Eine Augenbraue hochziehend drückte Sirius das Ohr gegen die Tür. Ganz leise hörte er das Wasser plätschern und biss sich auf die Unterlippe. Zwei Meter von ihm entfernt… vollkommen nackt. Und da sollte er jetzt ernsthaft eine Etage tiefer gehen?
„Lass die Finger von meinen Sachen, Klammeräffchen!“, schnauzte Sirius und presste sich dann eine Hand auf den Mund, um das Kichern zu unterdrücken. „Wenn du nach mir riechen willst, kenn ich eine andere Methode.“
„Black…“ Draco riss die Tür auf und starrte mit zusammengezogenen Augenbrauen zu Sirius hoch, dem langsam der Mund aufklappte. Die feuchten blonden Strähnen hingen vollkommen ungeordnet vor diese traumhaften Augen und es sah so viel besser aus, als wenn das Blondhaar ganz ordentlich gescheitelt war. Dracos blasse Haut glänzte noch feucht und Sirius entdeckte ein paar Seifenspuren auf seinen Schultern, Brust, Bauch und… Handtuch. Draco hatte da wohl dran gedacht.
„Hör mal, ich kann recht ungemütlich werden, wenn man mir morgens meine zwanzig Minuten im Bad nicht lässt. Willst du das?“
Sirius lehnte sich etwas vor und schnupperte an Draco, der ziemlich angewidert zurückwich. „Mmh…“ Verträumt grinsend versuchte Sirius diesen Geruch zu identifizieren. „Himmlisch… Du riechst unglaublich, Draco. Komm her und klammere, mein Äffchen.“ Er streckte die Arme aus und versuchte Draco zu fassen, aber der wich zurück.
„Geht’s noch, Black?“ Draco schüttelte abweisend den Kopf. „Bist du schon morgens betrunken, oder was ist los?“
Sirius atmete tief durch die Nase ein und seufzte. „Wie reinstes Amortentia…“
Draco verzog die Mundwinkel und schnaubte auf. „Toll, ich wollte schon immer hören, dass ich wie ein scheiß Köter rieche.“ Er rempelte Sirius beleidigt an, als er aus dem Bad stampfte.
Etwas verwundert blinzelte Sirius und drehte sich herum, folgte Draco auf dem Fuße. „Nasser Hund?“, gluckste er.
„Halt die Klappe. Bad ist frei, geh doch rein“, schmollte Draco und schlüpfte in Regulus‘ Zimmer zurück. Sirius streckte die Hand aus und hielt die Tür vom Zufallen ab, lehnte sich in das Zimmer.
„Hattet ihr das in der Schule?“, fragte er und starrte auf Dracos blanken Rücken.
„Musst du jetzt doch nicht mehr?“ Draco drehte sich mit verschränkten Armen herum und hob eine Augenbraue, als Sirius grinsend den Kopf schüttelte. „Musst du dir auch nie die Haare waschen?“
„Wenn du drauf stehst, verzichte ich“, sagte Sirius und zwinkerte.
Draco verdrehte die Augen. „Ich steh nicht auf Männer, Black. Wenn du daran was ändern kannst, überleg ich’s mir.“ Er zwinkerte ebenfalls und drehte sich wieder um, entfaltete sein Hemd.
Sirius war doch etwas verwirrt und lehnte sich gegen den Türrahmen, neugierig geworden. „Das letzte Mal sah das noch etwas anders aus mit den Männern“, brummte er, fühlte sich diesmal ehrlich zurückgewiesen.
Draco seufzte, während er sich die Haare mit dem Zauberstab trocknete. „Ich war fünfzehn, Black. Ich war noch gar nichts“, sagte er. „Hast du hier einen Kamm?“
„Aber dir hat gefallen, was ich… wir… du weißt schon“, sagte Sirius und zuckte mit den Schultern, als Draco auf seine Haare deutete, um die Frage mit dem Kamm stumm zu wiederholen. „Das heißt, du bist zumindest nicht abgeneigt.“
Draco schaute sich suchend um, warf Sirius einen kurzen, abschätzenden Blick zu und tapste dann wieder aus dem Zimmer, zurück ins Bad. „Black, ich will gar nicht bestreiten, dass du eine… nun ja, geübte Hand hast.“ Dracos Mundwinkel zuckten und Sirius grinste überheblich. „Aber was soll man von einer Hure wie dir auch anderes erwarten?“
Sirius‘ Augen weiteten sich schockiert. „Hörst du auf mich als Hure zu bezeichnen? Ich bin keine Frau!“
„Hörst du wohl auf mich zu zitieren?“, gab Draco zurück. Er schaute kurz über die Schulter und widmete sich dann dem Durchwühlen des Badezimmerschrankes, bis er einen Kamm gefunden hatte.
Sirius setzte sich schmollend auf den Badewannenrand und behielt Draco im Blickfeld. Eine Weile herrschte Schweigen, dann überwand Sirius seinen verletzten Stolz, der sich wie eine Mauer vor ihm aufgebaut hatte, und stand wieder auf. Er hatte aber immer noch die Unterlippe vorgeschoben, als er sich neben Draco ans Waschbecken drängte und sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht klatschte. Draco warf ihm einen kurzen Blick zu, akzeptierte Sirius‘ Präsenz dann wortlos und fuhr fort mit seinen Haaren zu kämpfen.
Als Sirius die Zahnbürste in den Mund steckte stutzte er.
Draco bemerkte das, drehte den Kopf und ließ die Augenbrauen hüpfen. „Indirekter Kuss“, sagte er und stupste Sirius verspielt an.
„Du hast…“ Sirius starrte seine Zahnbürste an. „Du benutzt meine Zahnbürste?“
„Jaah.“ Draco nickte und verdrehte die Augen. „Ich hab ja keine.“
„Hab ich nicht Finger von meinen Sachen gesagt?“
Draco zuckte mit den Schultern.
„Was hast du noch an dich gerissen?“
„Hm…“ Draco schaute sich um. „Dein Shampoo, deine Seife, dein Handtuch, deinen Kamm, dein Rasierzeug, hm, und natürlich dein Herz.“
Sirius lachte auf und schüttelte den Kopf. „Ja, klar. Hättest du wohl gerne.“
„Nein, Black“, sagte Draco sachlich. „Das betone ich doch ständig. Du bist ja sprunghaft.“
„Rede nicht mit mir, als sei ich ein kleines Kind, Klammeräffchen“, grummelte Sirius. „Ich könnte dein Vater sein.“
Draco knallte den Kamm auf den Rand des Waschbeckens. „Das hättest du vielleicht gerne“, sagte er kalt, drehte sich um und ging diesmal alleine in sein Zimmer zurück.
Sirius schüttelte den Kopf. „Ganz sicher nicht“, murmelte er und steckte die Zahnbürste wieder in den Mund.
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